Ernährung nach einer erfolgreichen Transplantation

 

Ernährungsumstellung ist wichtig

 

Nach einer erfolgreichen Organtransplantation wieder zu Hause angekommen, gilt es für die Betroffenen nach und nach in den Alltag zurückzukehren. D. h. auch Verzicht auf vielleicht lieb gewonnene Ernährungsgewohnheiten wie Rohkostsalate oder Rohmilchkäseprodukte.

 

Die ersten 6 Monate

 

In den ersten 3-6 Monaten wird durch die verstärkte immunsuppressive Therapie die Abwehr des Körpers deutlich eingeschränkt, um das neue Organ zu schützen. So können harmlose Keime wie wir sie bei Rohkostsalaten finden, zu massiven Infektionen führen. Sollten Sie unsicher sein, gilt für den Zweifelsfall die Empfehlung für Tropenreisende: „Cook it, boil it, peel it or leave it!" (Koch es, brüh' es auf, schäl' es oder lass' es!).

Das langfristige Ziel einer Ernährungstherapie ist die Vermeidung von Mangelernährung und die Entstehung von Übergewicht durch die begleitende Cortisonbehandlung.

 

Gemüse und Obst

 

Die allgemeinen Ernährungsrichtlinien empfehlen 650 g Gemüse und Obst am Tag, wovon die Hälfte roh verzehrt werden soll. Insbesondere bodennahes Gemüse und Obst wie Salate und Erdbeeren sind in der ersten Phase zu meiden, da hier mit Verunreinigung durch Bodenbakterien zu rechnen ist. Werden allerdings die Immunsuppressiva reduziert nach einigen Monaten, können diese Nahrungsmittel, bitte immer nur nach Absprache mit dem Transplantationsteam, und besonders sorgfältig gewaschen, wieder verzehrt werden. Gemüse und Obst mit Schale ist geeignet, allerdings muss beim Schälen wieder auf keimfreies Arbeiten, evtl. mit Handschuhen, geachtet werden. In Gemüse und Obst sind neben Vitaminen und Mineralstoffen die sogenannten sekundären Pflanzenstoffe enthalten. So werden z. B. das Beta-Carotinoid aus der Möhre und das Lycopin aus der Tomate im Unterhautfettgewebe eingelagert und schützen vor der UV-Strahlung. Nach einer Transplantation ist das Risiko durch UV-Strahlung besonders hoch, da ein starkes Immunsystem vor Hautkrebs schützt. Deshalb bitte Sonnenbäder oder ausgedehnte Spaziergänge ohne Hautschutz meiden bzw. nur mit Kopfbedeckung und Sonnenbrille ins Freie gehen. Als Folge kann es zu Vitamin-D-Mangel kommen, was jedoch in der Regel in den Kliniken bedacht wird und als Supplement bereits gegeben wird.

Die oben genannten sekundären Pflanzenstoffe werden beim Kochen nicht zerstört.
Gut geeignet sind Gemüseeintöpfe aus gefrorenem Gemüse und Kompott als Vitaminspender und zwar reichlich und täglich. Wenn einige pflanzliche Nahrungsmittel in der ersten Phase zu Verdauungsproblemen führen, kann das an der veränderten Darmschleimhaut liegen, die häufig durch die intensive Medikation in Mitleidenschaft gezogen wird. Gemüsesorten wie Karotten, Pastinaken und Zucchini werden meist gut vertragen. Auch lohnt es sich nach einiger Zeit die unverträglichen Gemüse- und Obstsorten erneut zu testen.

Noch ein wichtiger Tipp zum Thema Obst: Meiden Sie Grapefruit in jeglicher Form, die darin enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe verändern die Wirkung einiger Immunsuppressiva, wie auch zum Beispiel die Wirkung von Blutdruckmedikamenten!

 

Käse, Milch und Milchprodukte

 

Wir unterscheiden Rohmilchprodukte von erhitzten Milchprodukten. Diese Qualitätsbezeichnung ist auf den Verpackungen zu finden bzw. an der Käsetheke nachzufragen. Die Rohmilchprodukte können erhebliche Keimzahlen aufweisen und sind einfach zu meiden und durch geeignete und schmackhafte Milchprodukte zu ersetzen. Zu den Rohmilchprodukten zählen Hand-, Schimmel-, Harzer-, Korb- und Mainzerkäse. Zu den Schimmelkäsesorten zählen Camembert, Gorgonzola, Roquefort und Cambozola. Milchprodukte mit Lactobazillen, sogenannte probiotische Joghurts, werden ebenfalls Bakterien zugesetzt. Auch Sprühsahne kann bei falscher Lagerung Bakterien enthalten, deshalb besser frische Sahne verwenden. Falls Schimmelbildung an den Milchprodukten -oder anderen Lebensmitteln (!) - sichtbar ist, hat der Schimmel bereits das ganze Produkt befallen und ist deshalb nicht mehr zum Verzehr geeignet.

Milchprodukte sind in Mitteleuropa eine der Hauptquellen für Calcium, das den Erhalt und den Aufbau der Knochenmasse beeinflusst. Deshalb darf nicht leichtfertig auf den Verzehr verzichtet werden. Leider schädigen Cortisontherapien bei Organtransplantationen die Knochensubstanz dadurch, dass diese Glucocorticoide die Knochenneubildung hemmen. Als Folge davon steigt das Risiko für eine Osteoporoseerkrankung erheblich. Zur Abklärung einer Fehlernährung, sollte unbedingt eine qualifizierte Ernährungsfachkraft hinzugezogen werden.

Die tägliche Zufuhr für Risikopatienten: 1.200 - 1.500 mg sind enthalten in 1 Glas Milch + 1 Becher Joghurt + 2 Scheiben Käse + 1 Port. Grünes Gemüse + 1l calciumreiches Mineralwasser (mehr als 300mg Calcium pro Liter).

 

Geflügel, Fisch, Fleisch und Wurstwaren


Geflügel kann mit Salmonellen belastet sein und muss daher von übrigen Lebensmitteln getrennt aufbewahrt werden. Im Handel gibt es aufgrund einer Verordnung ein extra Kühlregal für Geflügel. Bei Geflügel ist ausreichendes Braten oder Garen wichtig wegen der möglichen Verunreinigung durch Salmonellen. Bei gefrorener Ware ist besonders auf das Auftauwasser zu achten. Dies darf nicht mit anderen Lebensmitteln in Berührung kommen, auch hier evtl. in der ersten Phase nach der Transplantation mit Handschuhen arbeiten. Bei Fisch und Fleischwaren gilt ebenfalls die Regel, nichts roh zu verzehren. Dies betrifft geräucherte Fische, zum Beispiel Forellen und Matjes wie auch Rohschinkenprodukte. Beispiele für Rohwurstsorten sind: Ahle Wurst, Cabanossi, Chorizo, Kulen, Landjäger, Mettwurst, Salami, Saucisson, Sucuk, Teewurst und Zervelatwurst.

Fisch- und Fleischwaren, die jedoch geräuchert und gekocht wurden, sind wiederum geeignet. Bei Entzündungen und Schmerzen bietet sich eine entzündungshemmende Ernährung an. Alle tierischen Lebensmittel bitte immer frisch zubereiten und bei der geringsten Geschmacks- und Geruchsveränderung, ein Zeichen von Bakterienwachstum, entsorgen. Besonders bei Hackfleisch ist auf Frische zu achten, eventuell selbst herstellen und immer auf hinreichende Garzeiten achten.

 

Eier und Eierspeisen

 

Hühnereiweiß ist ein sehr wertvolles Eiweiß für den menschlichen Organismus, es enthält große Mengen an essenziellen Aminosäuren, den Bausteinen des Eiweißes. Allerdings sind vor allem im Hühnereigelb Salmonellen und zwar bei über 90% aller Eiprodukte, unabhängig von der Herkunft, auch bei Bioware. Das bedeutet, dass Rohware von Eiern für alle nach einer Transplantation nicht zum Verzehr geeignet ist. Hierzu zählen vor allem Süßspeisen wie Tiramisu, Cremes, Mousses, frische Mayonnaise
(Kartoffelsalat!) und auch im Sommer Eis, besonders das Softeis. Bei Rührei und gekochten Eiern kann zu Hause leicht der Garpunkt bestimmt werden, allerdings im Restaurant ist das eine Vertrauenssache und dann ist es vielleicht besser, ganz darauf zu verzichten.

 

Hülsenfrüchte und Nüsse

 

Hülsenfrüchte - wie Bohnen, Erbsen und Linsen, sind hervorragende pflanzliche Eiweißquellen, die reich an Mineralstoffen wie Calcium, Kalium und Zink sind. Weiter enthalten Hülsenfrüchte reichlich B-Vitamine (außer Vitamin B12) und sekundäre Pflanzenstoffe und sollten deshalb regelmäßig auf dem Speiseplan stehen, allerdings lange genug gegart, da diese häufig mit Schimmelpilzsporen verunreinigt sind. Ebenso sind unverarbeitete Nüsse wie Kokosflocken, Macadamianüsse, Mandeln, Sesam und Walnüsse nicht zu empfehlen. Ausreichend gegart sind sie allerdings ein Genuss und sehr empfehlenswert wegen des Eiweißgehaltes, der enthaltenen Mineralstoffe und Vitamine.

 

Nun zu Soßen, Dressing, Gewürzen und Kräutern

 

Hier kann man klar zwischen Essen zu Hause und im Restaurant unterscheiden. Falls Sie ins Restaurant gehen, bitte nur dorthin, wo sie ein vertrauensvolles Gespräch mit dem Küchenchef/ Restaurantleiter führen können. Es sind dieselben Maßnahmen erforderlich wie zu Hause. Bei Soßen und Dressings wie etwa Ketchup und Senf, sind kleine Portionsgrößen im Handel erhältlich. Wenn sie größere Einheiten zu Hause haben, können diese, zum Beispiel geöffnete Grillsaucenflaschen, relativ rasch, auch im Kühlschrank, hohe Keimzahlen erreichen. Dasselbe gilt für getrocknete Gewürze und Kräuter. Frische Kräuter sind ebenfalls wegen der Bodennähe zumindest in der ersten Phase für den Rohverzehr nicht geeignet. Geeignet sind gefrorene Kräuter, die der Handel in kleinen Portionen anbietet, hier jedoch ist eine ununterbrochene Kühlkette unerlässlich. Direkt nach dem Krankenhausaufenthalt ist es ratsam, alle Vorräte an Gewürzen, Kräutern und geöffneten Soßen zu entsorgen. Noch ein Tipp, wenn Sie schon in der Vorratskammer sind, alle Haltbarkeitsdaten überprüfen, sind diese abgelaufen, bitte diese Produkte entsorgen. Die Hersteller garantieren mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum einen Geschmack, Geruch und eine Konsistenz wie bei der Herstellung - also keinen bakteriellen Befall.

 

Getränke

 

Die allgemeinen Empfehlungen zur Flüssigkeitszufuhr lt. DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) beträgt rund 1,5 Liter jeden Tag. Die empfohlene Trinkmenge nach der Transplantation ist erhöht insbesondere wegen der Medikamente. So sollten ca. 3 Liter Flüssigkeit zugeführt werden. Hierzu eignet sich abgekochte s Leitungswasser wie auch calciumreiches Mineralwasser, allerdings sollten in Flaschen abgefüllte Getränke sogleich im Kühlschrank und nur für kurze Zeit aufbewahrt werden. Leider sind Eiswürfel i. A. ungeeignet, da eine keimfreie Herstellung kaum möglich ist. Bitte darauf achten nicht aus der Flasche zu trinken, dies gilt selbstverständlich auch für die Familie. Zuckerhaltige Getränke sind ungeeignet, da es bei Cortisonmedikation sehr rasch zu Übergewicht kommen kann. Auf alkoholische Getränke sollte gänzlich verzichtet werden, da die Leber bereits durch die Immunsuppressiva reichlich belastet ist.

 

Einkauf und Aufbewahren von Speisen

 

Besonders bei Obst und Gemüse kann man auf braune Stellen achten, die durch bakterielle Zersetzung entstehen. Bei Verpackungen wie Joghurtbecher lässt sich die Unversehrtheit leicht von außen prüfen. Bei leicht verderblichen Lebensmitteln wie zum Beispiel Tiefkühlware lässt sich die Kühlkette am besten wahren, indem man in einer Kühltasche sog. Kühlakkus von zu Hause mitbringt. Bei der Packungsgröße eher die kleineren verwenden, da diese schneller aufgebraucht werden.

Zu Hause angekommen immer erst die Hände waschen und auch schon mal desinfizieren. Vor dem Einräumen der Nahrungsmittelverpackungen können diese auch zur Keimminderung abgewaschen werden, soweit diese wasserdicht verpackt sind. Den Kühlschrank regelmäßig auswaschen. Im Kühlschrank die pflanzlichen von den tierischen Nahrungsmitteln trennen.
Falls sie bereits gekochte Speisen aufbewahren möchten, diese sogleich wieder in den Kühlschrank stellen und für den erneuten Verzehr richtig erhitzen. Die Aufbewahrungszeit sollte auch im Kühlschrank nicht länger als ein Tag dauern. Bei jeglichem Befall von Schimmel und Geschmacksveränderungen muss die Speise entsorgt werden.

 

Küchenhygiene

 

Um die tägliche Belastung mit Keimen gering zu halten, muss nicht nur bei Einkauf, Zubereitung und Aufbewahrung ein achtsamer Umgang mit den geeigneten Lebensmitteln erfolgen, sondern auch der Arbeitsplatz und das Umfeld benötigt einen Hygienestandard, der sich am leichtesten als sog. Routine in den Alltag integrieren lässt:

 

• Vor und nach jeder Essenszubereitung Hände gründlich waschen, bei Handcremes auf hygienische Dosierungsspender achten

 

• Die Arbeitsplatten und auch Oberflächen in der Küche regelmäßig mit heißem Wasser reinigen (Handschuhe!)

 

• Küchentücher und vor allem die Schwämme und Wischlappen regelmäßig in die Kochwäsche geben und einen Hygienespüler verwenden.

 

• Schneidebretter, wenn diese aus Holz sind abschleifen lassen; im täglichen Gebrauch vor allem bei tierischer Rohware mit reichlich heißem Wasser und Reinigungsmittel gründlich reinigen. Auch Schneidebretter aus Kunststoff lassen sich im Allgemeinen ab schleifen oder einfach ersetzen. Es lohnt sich, da in all den Rillen ein Heer von Bakterien lebt.

 

Neben all den Hygieneempfehlungen soll eine abwechslungsreiche, ausgewogene Ernährung an den Standards der DGE-Empfehlungen orientiert sein. Hinzu kommen je nach Ernährungszustand 1-1,4 g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht (WHO). Ungefähr 10 g Eiweiß sind in 100 g Getreide enthalten und 20 g in Fisch, Fleisch, Hülsenfrüchte. Darüber hinaus muss die Frage nach
der Vitaminversorgung mit dem behandelnden Arzt und den Ernährungsexperten des Transplantationsteams besprochen werden. Durch die langen Garzeiten kann es vor allem zu einer Unterversorgung an den Vitaminen des B-Komplexes, besonders B12 und Vitamin C kommen.

 

Bei alledem entdecken Sie bitte wieder ganz neu die Freude am Essen und Trinken!

 

 

Gabriele Wolf
Praxis für Ernährungstherapie